Ich bin unkonventionell. Gott sei Dank.

Ich habe einen ... Nein... Ein Kollege, kann man nicht sagen... Menschen kennen gelernt, der sich gerade im gesamten Web darüber lustig macht, dass ich für eine Schulung von "Admins" einen Hula-Hoop-Reifen gesucht habe. Auf die Idee, nachzufragen, wozu, kam er nicht (dafür die echten Kollegen). Er macht sich lieber lustig. Davon ab, dass ich bei Respektlosigkeiten sehr schnell gallig werden kann (oder, wenn ich es selbst bin, auch mit mir selbst dann "Schlitten fahre"), nutze ich doch mal meinen Blog für eine exakte und ausschweifende Erklärung.

Ich bin seit 1997 Chorleiterin. .
Manchmal entspannt zuhören.
Dem voraus waren Kindheitsjahre u.a. im Magdeburger Domchor und in einem Schulchor gegangen. Ich habe in der Schule Chorleitung gelernt. Aber was ich gelernt habe, war eben "alte Schule". Rein fachlich total wertvoll (für klassische Chöre). Aber sowohl die Pädagogik als auch Dinge wie "was macht der Chor auf der Bühne" kamen gar nicht vor. 

Als ein ehemaliges Chormitglied mir 2002 von seinen Erfahrungen mit dem "Darstellenden Spiel" am Staatstheater Weimar erzählte, bekam ich große Augen und dachte... Mensch... Das wäre ja eigentlich auch was für den Chor. Und führte 2003 gemeinsam ua. mit Bianca Siedek und Fabio Tomar das Workshopsystem im Chor ein. Fabio übernahm dabei den Part des Choreographen und bereicherte mit teils echt frischen Ideen die Darbietung der Songs. Bianca hingegen übernahm den Part des Experten für das "darstellende Spiel". Dabei stellte sich gleich das nächste Thema vor... Gruppendynamik. Beide verließen den Chor 2006, damals noch die "Prayers & Preachers".

Wir gründeten die Einsteigerworkshops und schulten den Chor bis 2008 mit mehrfach wechselnden Coaches. Mit Erfolg. Wir waren einer der ersten Chöre, die Choreos auf die Bühnen brachten. Dann kam 2008 und damit die "Glad(E)makers", und die zwei effektivsten Coaches aller Zeiten traten ihre Jobs an. Einerseits Frauke, die als Gruppendynamikexpertin wahre Wunder zustande brachte und unversöhnliche Parteien wieder auf einen Nenner. Aber sie schulte auch in Sachen Aussprache (und schrieb ein Musical und lauter tolle Songtexte).

Wie trinkt man aus einer Flasche?
So endet ein missglückter
Erklärungsversuch...
Und Maria. Die die Arbeit von 3 Coaches allein machte, und das auch noch besser als sämtliche Vorgänger. Und sie war der jüngste feste Coach, den ich je regelmäßig eingesetzt habe. Maria machte vom Interpretations- bishin zum Choreocoaching einfach mal alles. Auch die Zusammenarbeit war und ist ausgesprochen positiv, kreativ und von einer immer sehr motivierenden Atmosphäre geprägt.

Dummerweise macht Maria nun Abi. Und wird uns 2011 verlassen. Dass dies große Löcher reisst, war uns klar. Frauke und ich haben also mit Maria gemeinsam überlegt, was wir machen ...:

Wir haben die Coaches nun abgeschafft. Dafür aber haben wir Stimmführer berufen, jeweils 2 pro Stimmlage (nur die SoulKeepers haben einen pro Stimmlage). Bei drei Chören ergibt das 19 Menschen, die künftig Dinge tun werden wie:
- Einzelstimmproben durchführen
- Coachings machen
- Choreos ausdenken und umsetzen
- Für Zusammenhalt sorgen
- Die Schulung neuer Sänger sorgen
- Das Wohlergehen der Mitsänger im Auge behalten
etc.

Frauke macht es trotzdem spannend.

Das Ziel ist einfach: Sie sorgen für beständige Leistungssteigerungen und Spaß - das Eine geht nicht ohne das andere. Der Chor soll verstehen und verinnerlichen, was er singt und glaubwürdig in Konzerten vermitteln, dass es Wege gibt, sein Glück zu finden. Oder, um ein Chormitglied zu zitieren "Man muss nicht an Gott glauben, man muss einfach glauben". Nicht an mich. Oder jemanden anderen. Sondern an sich selbst und die Tatsache, dass glückliche Menschen einem das Leben sehr viel leichter machen als frustrierte. 

Wir haben da 19 ganz schön unterschiedliche Talente, 19 großartige Sänger und Sängerinnen (und mehr! Nur nicht alle wurden Admin). Da sind Menschen, die einfach superschön singen, andere sind ganz verrückt nach Stimmbildung, haben einen Sinn für Gruppen oder können wunderbar Choreos vermitteln oder / und kreieren. Manche können besonders gut Textarbeit machen und ihnen fallen die beklopptesten Übungen ein. Manche sind wandelnde Regelwerke und achten darauf, dass jeder gleichermaßen zu seinem Recht kommt, andere sind Seelentröster der Nation. 

Gelächter auch. So man mit- und nicht
übereinander lacht.
Und weil eben administrative Fähigkeiten gefragt sind, nennen wir sie nicht "Stimmführer" (auch weil das zu großen Irritationen führte, denn das Wort hat manche erschreckt...), sondern "Admins".

Dann aber kommt hinzu, dass alle Chöre auch gemeinsam singen und auftreten - dann nicht als "Soulistix", "SoulKeepers" oder "Survivors", sondern einfach als "Glad(E)makers". Einmal im Monat kommen dann alle zusammen und lernen gemeinsam. Dies erfordert neben guten Admins leider auch viel Organisation und Koordination zwischen den einzelnen Admins der unterschiedlichen Chöre. Dafür haben wir 4 Orga-Genies bestimmt, auch hier pro Stimme jeweils einen: Die Koordinatoren.

Admins und Koordinatoren haben wir am Wochenende nun geschult, ihnen kommunikationspsychologische Grundlagen erklärt, ihre Aufgaben mit ihnen festgelegt, die nächsten Proben geplant und Übungen ausgetestet. Da aber 6 Stunden nichts sind (die vorangegangenen Coach-Workshops dauerten 3 Tage und rissen vieles nur an!), haben wir ein Handout ausgegeben an jeden von ihnen. Als ich nun Sonntag Abend bei Facebook fragte, ob Kollegen es probelesen möchten, war der Andrang überraschend groß.

Ich habe unkonventionelle Ideen - die hatte ich schon immer. Damit schafft man sich zwar nicht nur Freunde, sondern auch Neider und Kritiker. Choreos als Chor... Das allein war schon höchst ungewöhnlich. Deutsche Songs - auch merkwürdig. 
Ja - auch Bälle können bei der
Chorarbeit helfen
Moderationen in Schlafanzügen, themengebundene Konzerte, verzerrte Gitarren im Gospelsong, Sängerinnen mit Irokesenfrisur (grünblau gefärbt) und die Nichtprüfung von Sängern bei Eintritt (die kommt erst später)... Ja, ich bin eigen. Aber es funktioniert. Ich freue mich, dass Kollegen darauf sehr neugierig reagieren. Eine Stuttgarter Kollegin arbeitet übrigens auch so "bekloppt" - ebenfalls mit großem Erfolg. 

So ein Hula-Hoop-Reifen kann ganz viel machen - zum Beispiel klar machen, wie man sich in der Bauchgegend herum locker macht und wie man dabei die Hüfte knicken kann, er kann beim darstellenden Spiel helfen und im Übrigen auch in den Singpausen die Zwerge unter 14 unterhalten. Wir haben schon Proben mit Gummibärchen verbracht (die halt nicht runtergeschluckt werden durften beim Singen), aktuell warten wir auf 150 Korken. Das ließe sich beliebig fortsetzen.

Also nicht wundern, wenn komische Sprüche durch Twitter oder Facebook wabern: Das kommt von einem Nichtchorleiter, der sich lieber lustig macht, als nach zu fragen. Mein Mitgefühl ist ihm sicher.


Ein Linktip:
http://www.frauke-daams.de Maria geht, Frauke bleibt (Gott sei gepriesen). Sie hat im Übrigen einen superinteressanten Blog. Erstens wird sie wohl da als Erstes verkünden, was die Figuren ihres Musicals als nächstes anstellen.

Zweitens meine Admin-Miterfinderin ebenfalls auf unser neues System (und bestimmte Inhalte) ein.

Ihr wollt das Handout haben?
Mailen Sie mich bitte an unter vivian@glademakers.de. Im Gegenzug freut sich der Glad(E)makers e.V. über eine kleine Spende zur Unterstützung der Admin-Ausbildung in einer Höhe Ihrer Wahl.

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