Älter werden, ohne alt zu sein

Ich muss etwas ausholen:

Als Koordinatorin ist es unter anderem meine Aufgabe, innovative neue Lösungen zu finden für Menschen, die eigentlich normalerweise nicht in Kirchen finden. Dazu gehört unter anderem etwas Empathie. Und wenn man in einer Gemeinde tätig ist, die gern innovativ sein will, gehört Querdenken faktisch zur Jobbeschreibung für mich.

Aktuell werden überall in Deutschland Gemeinden zusammen gelegt. Auch bei uns ist das in Planung. Die Kirchgängerzahlen schrumpfen. Aber einfach ist das nicht. Der eine möchte gern Vertrautes bewahren, der andere sieht die Chance, Neues zu gestalten. Und gerade ältere Menschen fürchten um ihre Seniorenkreise. Dabei zeigt sich aber auch, dass gerade die schrumpfen. Als wären da nicht genug Menschen, die in den nächsten Jahren das typische Alter erreichen.

Ich mag kurzsichtiges Denken nicht. Ich mag Gott. Und Gott ist für mich Realität. In kirchlichen Gruppen sollte Gott spürbar sein. Und dabei ist eigentlich unerheblich, ob man über ihn redet oder ob man es lässt... Ich weiß auch, dass ich definitiv nicht in einen Seniorenkreis gehen werde. Ich möchte keine langweiligen Vorträge hören, Kaffee kann ich auch zuhause trinken oder (viel stilvoller) in einem schönen Eiscafé. Und überhaupt: Ich werde bestimmt älter, aber alt? NIEMALS.

Ich weiß zudem, dass viele andere Menschen auch so denken. Und (auch wenn das manche überrascht), die Generation "Woodstock" wird langsam Teil der Seniorengeneration. Das sind aber keine "Hoch auf dem gelben Wagen"-Sänger. Kirche bedient oft Bildungsbürger (was völlig in Ordnung ist!), aber jenseits dieser Gruppe passiert einfach nicht viel. Ich glaube, unabhängig vom Alter möchte jeder auf seine Kosten kommen - warum sonst sollte man von der Couch hoch zur Kirche? Und erst wer kommt, kann heraus finden, dass Kirche abseits von Kostendiskussion und Steuern ein Ort für Trost, zum Kraft schöpfen, zum Seele baumeln lassen und zum "sich nicht allein fühlen" sein kann und will.

Nicht "alt und jung" - Sondern von Mensch zu Mensch:
Wir starten mit "THE ROCK"

Kurzum: Ich habe da mal wieder was ausgeknobelt.
Ab Februar (genau genommen, am 29.01.) starte ich meine Vorstellung von Seniorenarbeit unter dem Titel "THE ROCK". Alle zwei Monate biete ich Sonntag Nachmittag die Chance, in einem Rock-und Gospelchor Kracher aus den Fünfzigern bishin zur heutigen Zeit kennen und singen zu lernen. Man kann Tickets dafür erwerben, der Erlös kommt den Glad(E)makers zugute - denn die setzen diese Arbeit ja auch um. Bewusst öffnen wir aber diese Veranstaltung nach unten hin: Wer jünger als 50 ist, zahlt nur halt etwas mehr.
Betreuend sind übrigens Teenies dabei. Sie sorgen für Kaffee, erklären englische Texte, helfen die Brille suchen oder stehen für Gespräche und Hilfestellungen bereit.
Das ist nur der Anfang.

Ich habe diese Generation im Blick. Meine Mutter wird in diesem Jahr 70, so ein richtiger Alt-Hippie ist das. Mein Papa ist etwas jünger, der mag das Konzept auch (wobei er aktiver Jazzmusiker ist und eh das Problem nicht hat mit dem "alt werden"). Für meine und eure Mamas und Papas lassen wir es krachen. Und dann hoffe ich, kommen wir ins Gespräch und finden gemeinsam heraus, wie man noch viel mehr für die Älteren bewegen kann - und so, dass es ganzheitlich bleibt und nicht abschottet ist vom Rest der Gesellschaft.

Ihr merkt ja, ich bin gerade wieder im Arbeitswut-Modus.

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